Intensive Landwirtschaft und künstliche Bewässerung haben in Zentralasien dazu geführt, dass der Aralsee, einst viertgrößter See der Welt, fast ausgetrocknet ist. Und sie haben in seinem Einzugsgebiet riesige versalzene Flächen hinterlassen.
Die Wasserfläche erhalten zu wollen, macht keinen Sinn mehr, weil der See im Sommer austrocknet. Das betrifft ein riesiges Gebiet an der Grenze zu Usbekistan. Und in Usbekistan will man deshalb jetzt mit neuem Pflanzenbewuchs aufforsten, und wir werden das auch tun.
Das sagt Bolat Bekniyaz, Hydrologe und kasachischer Landesdirektor des IFAS, des Internationalen Fonds zur Rettung des Aralsees. Und weil der Aralsee nicht mehr in seiner ganzen Größe zu retten ist, kümmert sich der IFAS auch um die Renaturierung der durch Salz geschädigten Flächen.
Dabei helfen soll nun auch Deutschland – konkret tun dies Forscher der Hallenser Martin-Luther-Universität. Peter Liebelt arbeitet vor Ort mit an Lösungen, um die ökologische Katastrophe am Aralsee abzuschwächen. Er hat einen Master in Geo-Ökologe und repräsentiert die Hallenser Martin-Luther-Universität MLU in Zentralasien. Die hat traditionell sehr gute Beziehungen in den postsowjetischen Raum, sagt Liebelt, und ist die einzige deutsche Hochschule, die eine eigene Repräsentanz in Zentralasien pflegt. Liebelt erklärt, warum:
Dadurch, dass ich vor Ort bin, hab ich natürlich sehr gute Möglichkeiten, Kontakte aufzubauen, Vertrauen aufzubauen, und das hilft sehr stark, dann an Projekten in der Region mit teilhaben zu können.
Liebelts Büro ist seit 2019 im kasachischen Almaty. Hier vertritt er neben der MLU auch das Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF. Das hat Zentralasien als eine Schwerpunktregion ausgemacht, will Forschungsthemen stärker mit der Praxis verbinden.
Zentralasien war immer so ein bisschen unter dem Radar und stand nicht so im Fokus, und deshalb gibt es dort dieses besonders große Potenzial, auch Entwicklungspotenzial noch. Es wird auch für die Wirtschaft zunehmend interessanter. Die Zahl an Investitionen steigt zunehmend. Und da ergeben sich tolle Möglichkeiten auch, zusammen mit der Wirtschaft an diesen Potenzialen zu arbeiten.
Eines der Unternehmen, die diese Potenziale erkannt haben, ist Sachsenleinen aus dem sächsischen Markleeberg, spezialisiert auf die Produktion von Naturfasern.
Der Mittelständler wird sich nun im Rahmen einer von Liebelt orchestrierten Kooperation zwischen der Martin-Luther-Universität, dem IFAS und weiteren Partnern der Probleme am Aralsee annehmen. Denn in Zentralasien gäbe es mit der Pflanze Kendyr – einem Vertreter der Hanfgewächse, der auch auf salzigen Böden wächst – einen zukunftsträchtigen Naturrohstoff, erklärt Lovis Kneisel, Projektleiter für Forschung und Entwicklung bei Sachsenleinen.
Wir haben halt aus der Baumwollproduktion Flächen, die sind per se nicht mehr nutzbar. Die sind versalzen, die sind durch extensive Bewässerung einfach so kaputt, dass Sie da mit Baumwolle nicht mehr hinkommen. Kendyr hat eben die Möglichkeit, aufgrund der hohen Salztoleranz in der Jugendentwicklung diese Salzschicht zu durchbrechen und in tiefere Schichten vorzudringen und da Wasser halt zu bekommen. Und dementsprechend kann man eben davon ausgehen, dass man diese Flächen, die momentan gar nicht genutzt werden können, eben wieder kultiviert, unter gleichzeitiger Schaffung von Wertschöpfung. Das ist eben der spannende Punkt da dran.
Die Naturfaser Kendyr könnte Baumwolle in Zukunft zwar nicht komplett ersetzen, aber einige Bedarfslücken schließen, ist Kneisel überzeugt. Durch die Kooperation von Unternehmen und Universität solle in den nächsten Jahren erforscht werden, an welchen Standorten im Gebiet des Aralsees Kendyr in großen Mengen angebaut werden kann. Mit 1,6 Millionen Euro fördert das BMBF das Forschungs- und Entwicklungsprojekt.
Denn damit könnte in Zukunft eine industrielle alternative Naturfaserproduktion in Zentralasien möglich werden. Peter Liebelt von der MLU würde auch ein solches Folgeprojekt gerne wieder beratend begleiten.
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