Frauen in Zentralasien haben viele Freiheiten, die sie in anderen muslimisch geprägten Regionen der Welt nicht hätten. Shashlyk Mashlyk nimmt den Internationalen Frauentag am 8. März zum Anlass, um sich die Situation von Frauen in Zentralasien genauer anzuschauen.

Zu Gast: Altyn Kenzhegaliyeva. Die 32-jährige Kasachin stammt aus Kokschetau, hat in Astana und Deutschland Wirtschaft studiert und lebt seit einigen Jahren Almaty. Im Podcast spricht Altyn über Rollenbilder, häusliche Gewalt und Feminismus.​

Shashlyk Mashlak (13) - Frauen in Zentralasien

von Shashlyk Mashlyk - Der Zentralasien-Podcast

Häusliche Gewalt: Größtes Problem für Frauen in Zentralasien

Altyn kommt aus dem Norden Kasachstans, der als liberaler gilt als der konservative Süden. Altyns Eltern, beide Lehrer, legten einen besonderen Wert auf Bildung. In der Schule hat sie Deutsch gelernt, später sogar das Internationale Parlamentsstipendium (IPS) erhalten, durch das sie ein Praktikum im Bundestag machen konnte. Vor allem ihr Vater habe sie bei ihren Auslandsplänen immer unterstützt, sagt sie. In ihrer Familie gibt es jedoch auch Frauen, die traditioneller aufgewachsen sind, z.B. ihre Schwägerin, die aus dem Süden stammt.

Als das größte Problem für Frauen in Zentralasien sieht Altyn häusliche Gewalt an. Wer sich die offiziellen Zahlen anschaut, die nur einen Bruchteil der Fälle tatsächlich abbilden, ahnt, wie verbreitet Gewalt gegen Frauen ist. So hat die Polizei in Kirgistan 2019 mehr als 6.000 Fälle häuslicher Gewalt registriert. Im Coronajahr 2020 meldete das Frauenkrisenzentrum in Kasachstan mehr als 14.000 Fälle; in Usbekistan waren es über 8.000 Fälle. Jedes Jahr sterben allein in Kasachstan 400 Frauen an den Folgen häuslicher Gewalt. Dennoch werden viele Täter erst gar nicht angezeigt, oder die Polizei reagiert nicht, da Gewalt als „Familiensache“ angesehen wird.

In der Gesellschaft wächst die Wahrnehmung des Problems

Im Januar erschien der Dokumentarfilm „Жена“ (Die Ehefrau) der beiden kasachischen Regisseure Kana Beisekeyev und Karat Nurmugambetov. Sie begleiten Frauen, die häusliche Gewalt erlebt haben. Gleichzeitig kommen aber auch Männer zu Wort, die sich fragen: Wo kommt diese Aggression gegenüber den eigenen Partnerinnen, Schwestern oder Töchtern her?

In Kasachstan und Kirgistan gibt es bereits seit mehreren Jahren jeweils am 8. März Protestaktionen. Die Frauen wollen zum Internationalen Frauentag keine Schokolade oder Blumen, sondern fordern Gleichberechtigung und ein Ende der Gewalt. Denn auch das gehört zur Wahrheit: In allen zentralasiatischen Ländern, außer Kirgistan, ist häusliche Gewalt keine Straftat, sondern gilt als Ordnungswidrigkeit. In Kasachstan wird seit Monaten eine Gesetzesreform diskutiert, die häusliche Gewalt kriminalisieren soll. Ob sie tatsächlich kommt: fraglich.

Altyn begrüßt den Einsatz der Feministinnen, fühlt sich selbst aber nicht als Teil einer feministischen Bewegung. Oft seien die Aktivisten laut und hätten radikale Forderungen, die in der Gesellschaft eher mit Unverständnis und Hass kommentiert würden. Altyn dagegen möchte in Ruhe aufklären, sucht das Gespräch mit ihren Freunden. Dabei sei ihr aufgefallen, dass Männer lieber schnell das Thema wechselten, weil es ihnen unangenehm sei, über Gewalt zu reden.

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