Schnelle Entscheidungen in Kasachstan …

Am 9. März hat der kasachische Präsident Nursultan Nasarbajew nun das Gesetz zur Verfassungsreform unterzeichnet. Die Änderungen waren am 6. März vom kasachischen Parlament durchgewinkt worden. Wir erinnern uns: Im Januar hatte Nasarbajew überraschend eine Änderung der Verfassung vorgeschlagen. Parlament und Regierung sollten gestärkt, die Befugnisse des Präsidenten dagegen beschränkt werden.

Alles schön demokratisch, sagen die Befürworter der Reform, bloße Kosmetik, die Kritiker. Ob die hastig durchgepeitschte Verfassungsreform tatsächlich auf eine Nachfolgeregelung hindeutet, wie von Experten gemutmaßt wird, ist nicht so richtig ersichtlich. In jedem Fall soll wohl aber der Anschein der demokratischen Entwicklung in Kasachstan gewahrt werden. Der Bürgerrechtler Yevgeniy Zhovtis sieht in dem Schritt dagegen eher eine Wiederauferstehung des sowjetischen Totalitarismus.

Nicht alle geplanten Änderungen wurden übrigens am Ende umgesetzt. – Vor allem eine Umformulierung des Artikels 26 hatte Proteste hervorgerufen. Danach hätte „jeder“ Grund und Boden in Kasachstan erwerben können sollen, nicht mehr nur „jeder Staatsbürger der Republik Kasachstan“. Von dieser Änderung sah man schließlich ab.

… und überraschende

Eine überraschende Entscheidung des kasachischen Ministeriums für Kultur und Wissenschaft bewegte im März Medien und soziale Netzwerke in Kasachstan: Ab diesem Jahr ist beim Ablegen der Einheitlichen Nationalen Abschlussprüfung ENT (Единое национальное тестирование) ein Nachweis von Kenntnissen der kasachischen Sprache nicht mehr notwendig. Mit dem ENT schließen Schüler in Kasachstan die mittlere Reife ab, je nach Punktzahl der Ergebnisse erhält man dann Zugang zu Universitäten oder nicht. Im Jahr 2016 beispielsweise legten 84.041 Schüler den Test ab.

Vor allem bei Kasachen aus dem nationalistischen Lager, die eine weitere Stärkung der kasachischen Sprache fordern – Kasachisch ist Amtssprache neben dem Russischen –, stieß die Entscheidung auf Unverständnis und Wut.

Wie Radio Azattyk berichtet, empörte sich Kazybek Issa, Chefredakteur der kasachischsprachigen Zeitung „Kasachische Stimme“ (Қазақ үні), auf Facebook in einem Post „SOS! So einen Minister wünscht man seinem Feind nicht.”

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Der kasachische Bildungsminister Yerlan Sagadiyev ist schon länger in der Kritik, weil er eine prowestliche Bildungspolitik betreibt. Der unter anderem in den USA ausgebildete Wirtschaftswissenschaftler sieht in der dreisprachigen Schulbildung (Kasachisch, Russisch, Englisch) nicht das Allheilmittel für Kasachstans Bildungssystem. Die kasachische Sprache habe international einfach eine zu geringe Bedeutung. Möglicherweise ist das auch der Grund für seine jüngste Entscheidung.

Erneut Proteste in Kirgistan

In Bischkek kam es am letzten März-Wochenende zu ähnlichen Bildern wie zur gleichen Zeit in Moskau. Doch anstatt gegen Korruption protestierten die Demonstranten in der kirgisischen Hauptstadt gegen die Verhaftung des ehemaligen Abgeordneten Sadyr Zhaparov.

Rund 500 Unterstützer des Oppositionspolitikers hatten sich am 26. März vor dem Gebäude des Geheimdienstes GKNB versammelt und forderten die Freilassung Zhaparovs. Mehr als 60 Demonstranten wurden festgenommen.

Die Proteste werfen ein beunruhigendes Licht auf Kirgistan, wo im November ein neuer Präsident gewählt wird. – Der derzeitige Umgang mit Oppositionspolitikern – die Verhaftung Zhaparovs ist nur ein Fall von mehreren – scheint darin motiviert, potenzielle Präsidentschaftskandidaten auszuschalten. Das Protestpotenzial ist in Kirgistan höher als in den Nachbarländern. Für die Zeit bis zu den Wahlen wird die Stabilität des Landes deshalb wohl auf eine harte Probe gestellt werden.

<blockquote class="twitter-video" data-lang="de"><p lang="en" dir="ltr">Keep an eye on Kyrgyzstan in between. Crowd seems to be getting bolder. This pack's probably from the eastern province. Yesterday in Bishkek <a href="https://t.co/txv79Wy4gZ">pic.twitter.com/txv79Wy4gZ</a></p>— Ryskeldi Satke (@RyskeldiSatke) <a href="https://twitter.com/RyskeldiSatke/status/845940256058867712">26. März 2017</a></blockquote><!-- [et_pb_line_break_holder] --><script async src="//platform.twitter.com/widgets.js" charset="utf-8"></script>

Pressefreiheit in Gefahr

Auch die Pressefreiheit gerät derzeit in Kirgistan erheblich unter Druck. Der kirgisische Generalstaatsanwalt hat mehrere Strafverfahren gegen die Betreiber der Website http://Zanoza.kg und gegen Radio Azattyk, den kirgisischen Dienst von RFE/RL eröffnet. Auslöser waren Berichte der beiden Medien über Präsident Almasbek Atambayev im Zusammenhang mit der Verhaftung von Omurbek Tekebayev im Vormonat. Atambayev sah sich verleumdet und warf den Medien die Verbreitung von Falschmeldungen vor. Diese wiesen die Vorwürfe zurück, wurden aber zur Zahlung von jeweils 32 Mio. Som, rund 430.000 Euro, verurteilt.

Kirgistan galt bisher als Insel der Pressefreiheit in Zentralasien. Es wäre bedauerlich, wenn dieser Ruf nun verspielt würde. Schlimmer allerdings wäre es für Journalisten, die sich die unabhängige Berichterstattung in diesem Umfeld hart erkämpft haben und nun womöglich auch in Kirgistan mit drohender Repression leben müssten.

Zu dem Thema hatte ich unter anderem den US-amerikanischen Journalisten Christopher Schwartz interviewet, der an der Amerikanischen Universität in Bischkek Journalismus lehrt. Sein vorläufiges Fazit: „Die Reputation von Bischkek als eine Art Wien des Kalten Kriegs, wo Journalisten aus den anderen zentralasiatischen Ländern Zuflucht finden, stimmt nicht mehr ganz. Trotzdem ist es immer noch ein sicherer Ort zum Arbeiten, vor allem im Vergleich zu den Nachbarländern. Aber Journalisten müssen zunehmend darauf achten, was sie nicht berichten dürfen.”

Druck auf Opposition in Tadschikistan wächst weiter

Tadschikistan hat in den letzten zwei Jahren den Druck auf Oppositionsparteien und Regimekritiker deutlich erhöht. Jetzt hat Rahmatullo Zoirov, Chef der Sozialdemokratischen Partei, eine der wenigen noch verbliebenen Oppositionsparteien in Tadschikistan, kritisiert, dass viele Anklagen wegen Korruption schlicht politisch motiviert seien.

So wurde eben die Haft des Menschenrechtsanwalts Buzurgmehr Yorov um weitere zwei Jahre auf 25 Jahre verlängert. Yorov war im vergangenen Jahr verurteilt worden. Der Grund: Volksverhetzung und Aufrufe zum Sturz der Regierung.

Muhiddin Kabiri, der im Exil lebende prominente Chef der Partei der Islamischen Wiedergeburt, die Ende 2015 verboten worden war, warnte in einem Interview mit der Deutschen Welle angesichts des steigenden politischen Drucks in Tadschikistan vor einer Radikalisierung der Bevölkerung und vor einem Aufstieg extremistischer Kräfte.

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In der Zwischenzeit arbeitet Rustam Emomali, Präsidentensohn und neuer Bürgermeister von Duschanbe, weiterhin am Abriss des historischen Zentrums der Stadt. Nachdem er im Januar die gesamte Stadtverwaltung in das Gebäude des alten Zentralkomitees der kommunistischen Partei verlegt hatte, wird jetzt das alte Gebäude der Stadtverwaltung für den Abriss vorbereitet.

Und der tadschikische Präsident Emomali Rahmon? – Er tanzt.

Und zwar anlässlich der Feierlichkeiten zum muslimischen Neujahrsfest Navruz und zur Belustigung der sozialen Netzwerke. Das Neujahrsfest im März wird in der ganzen muslimischen Welt gefeiert unter anderem als Nauryz in Kasachstan und Kirgistan, als Nowruz in Turkmenistan, Usbekistan und Aserbaidschan, Nevruz in der Türkei, Nouruz im Iran. Meist liegt das gesellschaftliche Leben für drei bis vier Tage lahm. Das Fest hat in diesen Ländern etwa die Bedeutung von Weihnachten in Deutschland, zwar ohne Geschenke, aber mit viel, sehr viel Essen.

Rückschlag für Turkmenistans Erdgas-Export-Pläne

Rahmons Amtskollege in Turkmenistan, Gurbanguly Berdimukhamedov, hat derzeit weniger zu lachen. Eines der wichtigsten Projekte für das erdgasreiche Land, der Bau der so genannten „Linie D“, ist zum Stillstand gekommen. Linie D sollte im Rahmen der Pipeline Turkmenistan – China Erdgas nach China liefern, aber anders als die Streckenabschnitte A, B und C nicht über Usbekistan und Kasachstan, sondern durch Usbekistan, Tadschikistan und Kirgistan verlaufen.

Damit sollte das Projekt eines der wenigen integrativen Projekte in Zentralasien sein. Sein Stopp ist ein schlechtes Omen für die weitere wirtschaftliche Zusammenarbeit der Länder Zentralasiens, so The Diplomat.

Der staatliche usbekische Erdöl- und Erdgaskonzern Uzbekneftegaz und die China National Petroleum Corporation CNPC haben den Bau des Streckenabschnitts in Usbekistan offiziell auf Eis gelegt. In Tadschikistan und Kirgistan gab es seit Monaten keine Maßnahmen zum Bau der jeweiligen Abschnitte.

Für Turkmenistan, das Devisen praktisch ausschließlich über seine Erdgas-Exporte verdient, ist der Ausstieg aus Linie D ein Schock, denn das Land erlebt aufgrund der dauerhaft niedrigen Erdgaspreise derzeit ohnehin eine der schlimmsten Wirtschaftskrisen seiner jungen Geschichte. Nun sieht es sich zusätzlich einem möglichen Preiskrieg mit seinen ebenfalls Erdgas-exportierenden Nachbarn Kasachstan und Usbekistan ausgesetzt, wie Bruce Pannier von RFE/RL analysiert.

Die schönen Seiten des Tagesgeschäfts

Präsident Berdimukhamedov strickt derweil weiter an der Bildung einer politischen Dynastie und hat seinen einzigen Sohn Serdar Berdimukhamedov zum Vorsitzenden des parlamentarischen Rechtsausschusses gemacht. Weiterer Aufstieg nicht ausgeschlossen.

Und weil ihm die ursprüngliche Version des Maskottchens für die V. Indoor-Asienspiele im September – angekündigt übrigens wie eine waschechte Olympiade – zu, tja, dilettantisch?, unprofessionell?, ähm, hässlich erschien, bestellte Berdimukhamedov kurzerhand ein Umstyling. Jetzt sieht Vepaly, wie das Maskottchen heißt, etwas fescher aus. Angelehnt ist Vepaly übrigens an einen Alabai, eine alte asiatische Schäferhund-Rasse – der leider auch in seiner Comic-Ausgabe mit kupierten Ohren und kupiertem Schwanz leben muss.

Vepaly vorher © turkmenistan.gov.tm
Vepaly nach dem Umstyling © turkmenistan.gov.tm
Asiatischer Alabai - das Original

Regionalpolitisches Tauwetter

Obwohl in Usbekistan im vergangenen Monat einige politische Gefangene nach zum Teil Jahre langer Haft aus usbekischen Gefängnissen entlassen worden waren, ist die Gefahr für Regimekritiker unter dem neuen Präsidenten Schavkat Mirziyoyev offenbar nicht gebannt. Am 1. März wurde Elena Urlayeva, die unermütliche usbekische Menschenrechtsaktivistin, in die Psychiatrie eingewiesen. Über den Grund wurde niemand in ihrer Familie informiert. Nach 24 Tagen wurde sie ebenso überraschend wieder entlassen. Die Behandlung durch das Krankenhauspersonal sei dieses Mal besser gewesen, als bei vorherigen ähnlichen Einweisungen, erzählte Urlayeva dem Online-Portal Fergananews. Allerdings sei sie zur Einnahme von Psychopharmaka gezwungen worden. „Mein Anwalt wird dieses Problem untersuchen und wir werden gegen die illegale Haft und Zwangsbehandlung klagen“, sagte Urlayeva.

Für den usbekischen Präsident Schavkat Mirziyoyev war der März ein ziemlich geschäftiger Monat. Er gab usbekischen Medien sein erstes offizielles Interview. Darin betonte er, seine Bemühungen für ein Tauwetter in der Regionalpolitik innerhalb von Zentralasien fortsetzen zu wollen.

Nachdem er Anfang März bei der ersten Auslandsvisite seiner Amtszeit nach Ashgabat gereist war, um Berdimukhamedov zu treffen, weilte er am 23. März in Astana. Nasarbajew und Mirziyoyev priesen die gemeinsamen politischen und wirtschaftlichen Interessen und nutzten das Treffen unter anderem dazu eine Strategie zur wirtschaftlichen Kooperation für die Jahre 2017 bis 2019 zu unterzeichnen. Im Rahmen eines gleichzeitig in Astana stattfindenden Business-Forums wurden mehr als 70 Vereinbarungen im Wert von 840 Mio. US-Dollar unterzeichnet.

Am Vorabend des Treffens von Mirziyoyev und Nasarbajew war zudem die neue Zugverbindung zwischen Almaty und Taschkent eröffnet worden. Zweimal wöchentlich fährt nun jeweils ein Talgo über Nacht aus Kasachstan nach Usbekistan und zurück.

Der Talgo fährt jetzt auch zwischen Almaty und Taschkent © temirzholy.kz

Was die – gegenüber seinem Vorgänger Islam Karimow – deutlich veränderte, offenere Regionalpolitik Mirziyoyevs für Zentralasien bedeutet, wird derzeit vielfach diskutiert. Im Majlis Podcast von RFE/RL kommt Alisher Sidikov, Chef des usbekischen Dienstes von RFE/RL in Prag zur Erkenntnis, dass vor allem wirtschaftliche Interessen hinter dem Engagement Mirziyoyevs stehen dürften.

Farkhod Tolipov analysiert für das Central Asian Analytical Network CAAN nicht nur die Reihenfolge der Besuche Mirziyoyevs in der Nachbarschaft – Aschgabat vor Astana sei unverfänglicher gewesen, da Turkmenistan einen neutralen Status wahre. Er sieht durchaus, dass Zentralasien sich auf Initiative von Mirziyoyev hin offenbar wieder zusammenraufe. Selbst die „mythische Rivalität“ zwischen Usbekistan und Kasachstan solle nun wohl in eine neue, verlässliche Partnerschaft gewandelt werden. Bisherige Rivalitäten seien möglicherweise nur notwendige Wachstumsschmerzen zweier junger, sich parallel entwickelnder Staaten gewesen. – Das lässt tatsächlich hoffen.

Usbekistan hat übrigens eine neue 10.000 Sum-Note eingeführt, seit langem sehnlichst erwartet. Legendär sind die dicken Geldbündel, die man in Usbekistan stets mit sich herumführt, von den Packtaschen voller Geld, die nötig sind, um beispielsweise ein Auto zu erstehen, ganz zu schweigen. Bisher waren 5.000 Sum die größte Banknote. Ob Usbekistan seine finanziellen Probleme allein damit in den Griff bekommt, bleibt zu bezweifeln. Als am 10. März die neue Banknote eingeführt wurde, schoss der Dollarkurs erst einmal in Höhe.

Der neue usbekische 10.000-Sum-Schein © zentrobank Usbekistan

Und sonst?

Der März ist ja der Monat der Frauen. Okay, der Monat des Frauentags, dem 8. März. Das Netzwerk für Osteuropa-Berichterstattung n-ost hatte zu diesem Anlass 21 Frauen aus Osteuropa porträtiert. Daran soll auch jetzt noch mal erinnert sein – denn auf tolle Frauen aufmerksam machen kann man ruhig auch mal abseits des Frauentags.

Unter den Portraits sind auch vier Frauen aus Zentralasien: Elnura Osmonalieva aus Kirgistan, Aiman Umarova aus Kasachstan, Munojat Yulchieva aus Usbekistan und Soltan Achilova aus Turkmenistan.

<div class="fb-post" data-href="https://www.facebook.com/nost.online/posts/10154527368066701" data-width="750" data-show-text="true"><blockquote cite="https://de-de.facebook.com/nost.online/posts/10154527368066701" class="fb-xfbml-parse-ignore"><p>Zum internationalen #Frauentag haben wir 21 Journalistinnen aus Osteuropa gebeten, uns eine besondere Frau aus ihrem Land vorzustellen.</p>Posted by <a href="https://www.facebook.com/nost.online/">n-ost</a> on <a href="https://de-de.facebook.com/nost.online/posts/10154527368066701">Mittwoch, 8. März 2017</a></blockquote></div>

Leider fehlt eine Vertreterin aus Tadschikistan. Ich möchte hier deshalb eine tolle junge Frau aus Duschanbe vorstellen, die es ebenso verdient hat, genannt zu werden. Sie hat ihr Land noch nicht verändert, wie es der n-ost-Artikel nahelegt, wird dies aber vielleicht irgendwann tun. Um sie zu schützen, heißt sie hier Nigina Safarova, und ein Foto zeige ich auch nicht.

Nigina ist Studentin und konnte im vergangenen Jahr ein paar Monate in Deutschland verbringen. Sie spricht sehr gut Deutsch, und das war es auch, weshalb sie ein Stipendium erhielt. Sie liebt ihre Heimat sehr, sieht die rückgewandte Entwicklung zu traditionellen Rollenmustern aber sehr kritisch. Mit ausgesprochen modernen Ansichten hinterfragt sie immer wieder die Rolle von Frauen in Familie und Gesellschaft. Nach ihrem Studium in Deutschland erzählte sie mir von ihren Eindrücken, die ich hier gerne – und mit ihrer Erlaubnis – teile. Mich hat sehr beeindruckt, wie sie uns den Spiegel vorhält.

„Deutschland ist wohl so etwas wie meine zweite Heimat geworden. Doch nach dem Studium habe ich begonnen, nicht nur die Vorteile Europas zu sehen, sondern auch seine weniger guten Seiten. Ich habe andauernd alles analysiert. In Deutschland habe ich mich als Frau stärker und freier gefühlt. Aber die Deutschen selbst sind solche Workaholics, und viele habe eine gewisse Traurigkeit in den Augen.

Die Deutschen zeigen ihre Gefühle nicht, aber innerlich leiden sie. Man hört in Deutschland andauernd von Depressionen und Stress. Und man sieht diese Jagd danach, alles zu schaffen, nichts zu verpassen, immer noch besser zu sein, und noch besser. Und dann kommt natürlich irgendwann der Punkt, dass der Mensch das nicht mehr aushält. Und trotzdem habe mich in die Deutschen verliebt. Meine eigene Heimat, mein geliebtes Tadschikistan, habe ich danach mit anderen Augen gesehen, und hier konnte ich mich endlich erholen, denn ich war sehr erschöpft. Aber die Zeit in Deutschland war eine unbezahlbare Erfahrung.“  

Tadschikische Frauen zwischen Tradition und Moderne