Die Pressefreiheit in Zentralasien wird von Reporter ohne Grenzen seit Jahren mit schlechten Ranking-Noten bewertet. Finanzieller und juristischer Druck von oben sollen eine kritische Berichterstattung zum Erliegen bringen.

Seit Februar in Haft

Die Beamten kamen an einem Freitag im Februar. Mit Fäusten trommelten sie gegen die Wohnungstür der kasachischen Journalistin Inga Imanbay. Deren Mann Zhanbolat Mamay war gerade bei seinen Eltern zu Besuch, Imanbay allein zu Hause in der Wohnung in Almaty. Man werde die Tür aufbrechen, wenn sie nicht freiwillig öffne, riefen die Polizisten. Die junge Frau befürchtete das Schlimmste. Schließlich ließ sie die Männer herein, die sie zur Seite drängten.

Auf dem mit ihrem Handy aufgenommenen Video vom Beginn der Hausdurchsuchung, das Imanbay später auf Facebook postete, sieht man noch, wie einer der Beamten ihr einen Ausweis vor die Nase hält. Später erfuhr sie, dass die Polizei zur gleichen Zeit auch bei den Eltern ihres Mannes vorbeischaute. Dort wurde Zhanbolat Mamay festgenommen.

Auch der 28-Jährige ist Journalist. Bis zu seiner Festnahme im Februar gaben die beiden die Wochenzeitung Tribuna/Sayassi-Kalam heraus, eine der wenigen regierungskritischen Publikationen in Kasachstan, mit einer Auflage von 15.000 Exemplaren. Bei der Durchsuchung der Wohnung, die zugleich als Re­daktionsbüro diente, beschlagnahmten die Polizisten Dokumente, Laptops und Festplatten.

Vorwurf Geldwäsche

Der Vorwurf der Behörden: Mamay habe Gelder des im Exil lebenden kasachischen Oligarchen Mukhtar Ablyazov gewaschen und die Zeitung für illegale Finanzgeschäfte genutzt. »Völliger Unsinn«, sagt Imanbay. »Ein Milliardär wie Ablyazov soll unsere kleine Zeitung, die wie unter einem Mikroskop überwacht wurde, benutzt haben, um ein paar Tausend Dollar zu verstecken?«

Doch wann ihr Mann wieder freikommt, ist völlig ungewiss. »Die Festnahme Mamays ist ein weiterer Angriff auf die Meinungsfreiheit«, kritisiert der Zentralasien-Fachmann Denis Krivosheev von Amnesty International. Bereits 2016 seien zwei Menschenrechtsaktivisten zu Haftstrafen in Höhe von fünf Jahren verurteilt worden, weil sie im Internet über friedliche Proteste berichtet hatten. Bei Demonstrationen gegen die Regierung von Präsident Nursultan Nasarbajew wurde zudem der Zugang zu Facebook und Google vorübergehend blockiert.

Bis zu einem Jahr kann der Tribuna-Chefredakteur Mamay nach kasachischem Recht in Haft bleiben. So lange kann sich das Gericht Zeit lassen, ehe es laut Gesetz zu einem Prozess kommen muss. Mit möglicherweise gefährlichen Folgen: »Frei geäußerte Meinungen werden zunehmend als belastende Beweise in Verfahren verwendet«, so Krivosheev von Amnesty.

Weiterlesen im Amnesty Journal, 06/07 2017