Zentralasien-Analysen, Nr. 38, 25.02.2011

In einem Interview erklärt Wladimir Kozlow, Chef der nicht registrierten kasachischen Oppositionspartei Alga! seine Sicht auf die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen in Kasachstan, welche Rolle aus seiner Sicht die Ereignisse in Nordafrika auf die Entscheiung hatten und wie er das Clan-System in Kasachstan analysiert.

ZA-Analysen: Ganz unerwartet werden am 3. April in Kasachstan vorgezogene Präsidentschaftswahlen stattfinden, mehr als anderthalb Jahre vor dem regulären Wahltermin. Was halten Sie davon, und wie ist es nach Ihrer Meinung zu erklären?

Kozlow: Die Bedingungen, unter denen die Wahlen stattfinden, mit so wenig Zeit zur Vorbereitung, sind einer so wichtigen Position nicht angemessen. Der Hintergedanke Nursultan Nasarbajews ist der gleiche, der ihn bewogen hatte, ein Referendum zu initiieren: Er will an der Macht bleiben. So wie die Wahlen jetzt stattfinden, bieten sie keine tatsächliche Alternative.

Offiziell wurde für die vorgezogenen Wahlen kein Grund angegeben. In der Regel gibt es Neuwahlen bei Krisen oder in politischen Notsituationen. Die Entscheidung legt nahe, dass Nasarbajew glaubt, nicht bis zum regulären Zeitpunkt der Präsidentschaftswahlen warten zu können. Vermutlich weil es für ihn im nächsten Jahr schwerer werden könnte, Wahlen zu gewinnen. Die Protestbereitschaft im Land wächst, die Menschen, die durch die Bankenpleiten in Kasachstan Geld verloren haben, finden ihre Stimme, die Ölarbeiter im Westen streiken. Hinzu kommen die Ereignisse in Ägypten, wo ein 30 Jahre altes Regime gestürzt wurde. Das sind alles beunruhigende Zeichen. Und deshalb will der Präsident sich jetzt sein Amt sichern, mit Hilfe dieser Wahlen, die Nasarbajew-Wahlen sind, aber keine echten Präsidentschaftswahlen. Kein Mensch kann Wahlen ernst nehmen, wenn Gegenkandidaten schon im Vorfeld verkünden, dass sie gar nicht Präsident werden wollen.

ZA-Analysen: Sie erwähnten gerade Ägypten. Welchen Einfluss hatten die Ereignisse in Tunesien und Ägypten auf die Entscheidung orzeitige Wahlen abzuhalten?

Kozlow: Als die Diskussion um das Referendum aufkam, war die Situation im Nahen Osten noch nicht so angespannt. Ich bin aber sicher, dass die Entwicklungen dort die Entscheidung für Neuwahlen beeinflusst haben. Es gibt ganz klare Analogien: eine schwierige wirtschaftliche Situation, viele Leute leben unter der Armutsgrenze, aber auch einen Präsidenten, der formal mit mehr als 90 % der Stimmen gewählt wurde und schon sehr lange im Amt ist. Nasarbajew hat sicher verstanden, dass das gleiche auch hier passieren kann, wenn bestimmte Umstände zusammen kommen. In Tunesien oder Ägypten hat es ja auch niemand erwartet. Deshalb sollte das eine Warnung für uns sein.

Das ganze Interview finden Sie in der aktuellen Ausgabe der Zentralasien-Analysen